Hat Olaf Scholz' Besuch in den Ländern des Persischen Golfs die Hoffnungen Deutschlands gerechtfertigt?
Wien / Dasfazit
Die anhaltende Energiekrise zwingt Europa dazu, nach neuen Energielieferanten zu suchen, die die russischen Gaslieferungen bis zu einem gewissen Grad ersetzen könnten.
Deutschland, das zu mehr als 50 Prozent von russischem Gas abhängig ist, sieht sich einer ernsthaften Bedrohung seiner Energiesicherheit gegenüber. Obwohl es Deutschland gelang, seine Gasspeicher im September 90 Prozent früher als geplant zu füllen, verschärfte sich die Situation durch den plötzlichen Ausfall der Gaslieferungen über Nord Stream 1.
Die deutschen Behörden mussten dringend nach alternativen Möglichkeiten suchen. Natürlich zogen die Länder des Persischen Golfs, die über riesige Öl- und Gasreserven verfügen, die Aufmerksamkeit der Europäer auf sich.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte am 24. und 25. September Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar. Während der zweitägigen Reise versuchte er, die angespannten Beziehungen zu diesen Ländern zu verbessern und möglicherweise neue Energielieferanten für Deutschland zu finden.
Scholz traf mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zusammen. Dabei ging es neben der aktuellen politischen Lage auch um Investitionen und die weitere Zusammenarbeit bei der Produktion von grünem Wasserstoff.
Nach den zurückhaltenden Kommentaren der deutschen Seite und dem Fehlen von unterzeichneten Dokumenten zu urteilen, hat Deutschland nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.
Die Reise von Scholz in die Vereinigten Arabischen Emirate erwies sich als produktiver. Als Ergebnis der Verhandlungen wurde mit dem Land ein Vertrag über die Lieferung von 137.000 Kubikmetern verflüssigtem Erdgas (LNG) an das Terminal in Hamburg bis Dezember 2022 geschlossen. Gleichzeitig wurde ein Vertrag über mehrjährige LNG-Lieferungen nach Deutschland unterzeichnet, die im Jahr 2023 beginnen sollen.
Außerdem vereinbarten der deutsche Energiekonzern RWE und das Energieunternehmen Masdar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, gemeinsam das Potenzial für den Ausbau der Offshore-Windenergie zu erforschen.
Leider ist der Besuch der deutschen Bundeskanzlerin in Katar nicht besonders gut verlaufen. Der deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, besuchte Doha bereits im März 2022. Ihm zufolge schienen die Verhandlungen erfolgreich gewesen zu sein, und es wurde ein Abkommen über eine langfristige Energiepartnerschaft unterzeichnet, aber dann traten Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Abkommens auf. Im August begannen die LNG-Lieferungen nach Deutschland nicht, und Habeck sagte, Doha strebe nur ein langfristiges Abkommen an, was Deutschland nicht passe. Stattdessen erhöhte Katar die Gaslieferungen an Italien.
Vor kurzem wurde das französische Unternehmen Total Energies zum Partner Katars bei der Erschließung des Northern-Feldes im Persischen Golf, einem der größten Öl- und Gasfelder der Welt. Seine Erweiterung wird Katar die Möglichkeit geben, die LNG-Produktion auf 126 Millionen Tonnen pro Jahr zu steigern.
Gleichzeitig ist der zweite Versuch Deutschlands innerhalb eines Jahres, einen Dialog mit Katar aufzunehmen, gescheitert. Nach Verhandlungen in Doha mit dem Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, äußerte Scholz lediglich den Wunsch, bei der Lieferung von LNG "große Fortschritte" zu erzielen.
Natürlich kann man nicht sagen, dass Scholz' Reise völlig erfolglos war, aber der Wunsch Deutschlands, ein Abkommen mit den Golfstaaten zu schließen, weckt in der westlichen Öffentlichkeit doch einige Bedenken.
EastWestStream-Kolumnistin: Alyona Pawlenko
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