Zum 100-jährigen Jubiläum des Meisters: TOFIG AHMADOV. Der berühmte Jazz-Künstler, Saxophonist, Klarinettist, Dirigent, Komponist aus Aserbaidschan

Wien / DasFazit
Die Geschichte des aserbaidschanischen Jazz reicht bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück und ist untrennbar mit den Aktivitäten der hervorragenden aserbaidschanischen Komponisten Niyazi und Tofig Guliyev verbunden. Sie brachten talentierte Musiker zusammen und förderten diese. Einer von ihnen war Tofig Ahmadov, ein großartiger Jazz-Künstler, begabter Klarinettist und Saxophonist, Komponist und Dirigent.
Kaum erreichte Jazz den Höhepunkt in Aserbaidschan, geriet die Jazzmusik unter den Bann der sowjetischen Ideologie und wurde als ein Beispiel bürgerlicher Kultur verborgen.
Der zweite Aufschwung des aserbaidschanischen Jazz in den 1960er Jahren ist mit den Namen Vagif Mustafazade und Rafig Babayev verbunden. Sie experimentierten und schufen eine einheitliche Musik, die auf Jazzrhythmen und aserbaidschanischer Volksmusik basierte. Dabei leisteten im Hintergrund bereits gestandene Künstler wie Tofig Ahmadov einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der aserbaidschanischen Jazzmusik.
Tofig Ahmadov wurde am 8. Februar 1924 in Baku, Aserbaidschan geboren. Er begann seine Tätigkeit als Jazz-Musiker im ersten Jazzorchester Aserbaidschans (1941 – 1945), das 1939 von Tofig Guliyev und Maestro Niyazi gegründet worden war. Er arbeitete auch im Jazzorchester der Kaspischen Flottille, im Nizami Kinoorchester (1945) und im Kinoorchester Aserbaidschan (1947).
Nach Abschluss der Ausbildung am Aserbaidschanischen Staatskonservatorium (Klarinettenklasse, 1953), arbeitete Tofig Ahmadov als Musikpädagoge an der Musikschule in Baku.
Ein Highlight in der musikalischen Laufbahn stellt das Jahr 1952 dar, als Tofig Ahmadov – als erst zweiter aserbaidschanischer Musiker – ins berühmte Moskauer Jazzorchester von Eddie Rosner eingeladen wurde. Drei Jahre lang (1952-1955) arbeitete er mit Rosner zusammen und war sogar Konzertmeister (1.Saxophon).
Nachdem er in Moskau viel Erfahrung gesammelt hatte, kehrte Tofig Ahmadov nach Baku zurück und gründete sein eigenes Jazzorchester.
Dieses 1957 gegründete Ensemble “Wir sind aus Baku” tourte erfolgreich durch die Republiken der ehemaligen Sowjetunion im Südkaukasus, in der Ukraine, in den Baltischen Staaten und in Georgien tourte.
Ab 1960 begann der wohl verantwortungsvollste Abschnitt seiner beruflichen Laufbahn. Tofig Ahmadov wurde Leiter und Chefdirigent des Estradenorchesters (Da die Musik in der UdSSR als ein wichtiges Ideologiemittel galt, erfand man für die Unterhaltungsindustrie den Begriff „Estrade“. Dabei wurde auch die Jazzmusik als „Estradenmusik“ und Jazzorchester als „Estradenorchester“ bezeichnet) des Aserbaidschanischen Rundfunks (von 1960 bis 1981), an dessen Gründung er auch maßgeblich beteiligt war. Er leitete das Orchester 21 Jahre lang! Zunächst handelte es sich um eine Bläser-Bigband, später kamen auch Streichinstrumente hinzu.
Auch der berühmte Sänger Muslim Magomayev begann seine Karriere in diesem Orchester (1961). 1962 trat Muslim Magomayev als einziger Solist des Orchesters beim VIII. Weltfestival der Jugend und Studenten in Helsinki auf. Es war der erste Auftritt des Orchesters auf der Weltbühne.
Später erinnerte sich liebevoll Muslim Magomayev daran: „Ich habe meinen Erfolg nicht von Tofig Ahmadov getrennt, einem warmherzigen, gutmütigen, ironischen und zweifellos hervorragenden Musiker!“
In den 60er Jahren reiste das Orchester auf Einladung des Botschafters der Kubanischen Republik in der UdSSR, Carlos Olivares Sanchez, nach Moskau, um den 11. Jahrestag der Gründung der Republik zu feiern. Danach trat Tofig Ahmadov mit seinem Jazzorchester (1967) in Kuba auf.
Die begabtesten Musiker wurden in dieses Orchester eingeladen, darunter die jungen Pianisten Vagif Mustafazade (später einheimische Jazzkoryphäe) und Faig Sucaddinov (später auch Komponist und Leiter des gleichen Erstradenorchesters in den 1990er Jahren), Michail Avadyayev und Aziz Azizov (Trompete), Tair Isayev (Posaune), David Kojfman (Kontrabass), Ramiz Schirinov (Altsaxophon) und und Daniil Kagner (Tenorsaxophon).
Tofig Ahmadov arrangierte selbst Volksmelodien für sein Orchester und verwendete in eigenen Jazzstücken die aserbaidschanischen nationalen Tonarten. Es war eine originelle Synthese aus aserbaidschanischen nationalen Tonarten und unterschiedlichen Jazz-Rhythmen.
Er schrieb auch eigene Instrumentalmusik und Solowerke und eroberte die Herzen mit dem fabelhaften Klang der Klarinette und des Saxophons!
Öffentliche Auftritte des Jazzorchesters von Tofig Ahmadov sowohl bei Konzerten als auch im staatlichen Rundfunk machten ihn zum Liebling des aserbaidschanischen Publikums.
Seine Lieblingslieder, Schlager, vorgetragen von den Koryphäen der aserbaidschanischen und sowjetischen Gesangskunst (wie Schovkat Alakbarova, Rauf Atakischiyev, Muslim Magomayev, Lütfiyar Imanov, Ogtay Agayev, Zeynab Chanlarova, Natavan Scheychova, Rosa Rimbayeva und andere SolistInnen), waren jedem Aserbaidschaner bekannt. Außerdem fanden die ersten Auftritte des Gesangsquartetts „Gaya“ auch in Begleitung des Jazzorchesters statt.
Das berühmte Orchester unter der Leitung von Tofig Ahmadov gastierte an vielen Orten in zahlreichen Ländern.
1968 war das Orchester Preisträger beim Internationalen Festival für Jugend und Studenten in Sofia, Bulgarien und wurde mit der Goldmedaille und mit dem “Goldenen Orpheus” Preis ausgezeichnet.
Die Aktivitäten von Tofig Ahmadov, seine innige Liebe zur Musik und sein unermüdliches Engagement für die Entwicklung der aserbaidschanischen Jazzmusik wurden hochgeschätzt und 1977 erhielt er den Titel „Volkskünstler Aserbaidschans“.
Am 21. März 1981 starb er. Er war damals erst 57 Jahre alt.
Seit 2010 ist das Estraden- und Sinfonieorchester des Aserbaidschanischen Rundfunks offiziell nach Tofig Ahmadov benannt.
Die großartigen Interpretationen des Meisters sowie seine unvergesslichen Werke werden für immer in unserer Erinnerung und in unseren Herzen bleiben!
Ich bedanke mich bei der Familie von Tofig Ahmadov für Erinnerungen und die Bereitstellung von Archivfotos
Gastbeitrag von Farah Tahirova